Ordnung und
Fortschritt
Wer hat sie nicht
schon gesehen (aber nicht gelesen…), die eindrucksvollen Geschäftsberichte und
Investorenpräsentationen mit ihren überschäumenden Bildern, bunten Grafiken und
mächtigen Tabellen? Mit ihren an springende Lachse erinnernde dynamische
Pfeile, die jedes Quartal, Jahr zu neuen Rekordmarken sich hochkämpfen? Die Säulengrafiken bei denen die Säulen, wären
sie nicht mit den Werteangaben versehen, Gewinne gleich hoch oder höher als den
Umsatz erscheinen lassen? Die tollen,
x-farbigen 3D-Grafiken, bei denen man minutenlang suchen muß, um die Werte zu
verstehen? Die zwei Kreisgrafiken pro Seite für den Vergleich von aktuellem mit
Vorjahrswert? Die Pizzen, Spaghettis, Donuts, Trichter, Radare, Spinnennetze?
Wir kennen sie alle. Aber wir regen uns über deren Nichtlesbarkeit nicht auf,
da wir sie schlichtweg nicht lesen oder wenn, dann nur überfliegen. Es ist der
Werbe- und nicht der Informationscharakter der Darstellung, der uns zu dieser
Verhaltensweise führt. Unterhaltung statt Information. Doch gerade an dieser
Stelle sollten die technischen Fakten im Vordergund stehen, denn auf diesen
Daten beruhen ja später unsere Geschäfts- und Investitionsentscheidungen.
Wie wäre es denn,
wenn Komponisten die Noten ihrer Partituren nach eigenem Gutdünken zB in Farbe,
unterschiedlicher Größe, eigenen Formen, eben fernab jeder Norm darstellten? Wenn
es Architekten oder Elektroingenieure mit ihren Bau- und Schaltplänen
ebenso machen würden? Oder denken wir nur an die Verkehrszeichen, die in jeder
Stadt anders aussehen dürften. Unordnung, „Chaos“ wären wohl die angbrachtesten
Umschreibungen. So, und jetzt fragen wir uns, wie sieht es denn bei uns
Administratoren, Finanzfachleuten, Controllern aus? Gibt es Regeln,
DIN-Vorgaben oder ähnliches, an die wir uns halten könnten? Nein. Wir machen es
wie bisher. Frei, ohne feste Vorgaben und jeder auf seine eigene oder seines
Chef’s Art und Weise.
Es muß ja nicht
gleich eine eigene DIN-Norm sein, die das „Aussehen“ des Umsatzes oder EBIT
definiert. Zunächst reichen schon ein paar allgemein akzeptierte Regeln aus, um
die Erstellung von Finanzberichten mit ihren Grafiken und Tabellen zu
vereinheitlichen und somit auch deren Lesbarkeit zu erhöhen. Die Aufmerksamkeit
des Lesers wäre wieder gewiß, denn der würde nun bereits nach wenigen Sekunden
Inhalt und Aussage einer Grafik erkennen und verstehen.
Damit Berichte wieder
etwas berichten und auch gelesen werden war eines der Hauptmotive für die
Erarbeitung von Gestaltungsregeln für Finanzinformationen von Rolf Hichert. Mit
seinen IBCS-SUCCESS-Rules leistet er einen wichtiger Schritt in Richtung
Notation für Geschäftskommunikation. Diese International Business Communication
Standards (IBCS) definieren in methodischer Weise die Grundlagen für die
Darstellung und Art und Weise wie
Finanzinformationen erstellt und verbreitet werden können. Hervorzuheben wäre auch, daß diese Standards
nicht nur auf die Gestaltung von Grafiken und Tabellen, sondern auch auf jede
Art von Geschäftsberichten und Präsentationen angewendet werden können.
Der Ausdruck
SUCCESS (Say, Unify, Condense, Check, Express, Simplify, Structure) steht für
die sieben Hauptregeln, die in drei Bezugsebenen angeordnet sind: Einer
Konzeptionsebene (conceptual) mit SAY und STRUCTURE, der Perzeptionsebene (perceptive) mit den Elementen
EXPRESS, CHECK, CONDENSE und SIMPLIFY sowie der Bedeutungsebene (semantic)
mit UNIFY.
In einfachen
Worten ließe sich das Regelwerk auch kurz so ausdrücken: Berichte sollen etwas
aussagen, etwas berichten (SAY), Informationen, die gleiches beinhalten,
sollten auch gleich dargestellt werden (UNIFY). Anstatt eine Grafik pro Seite
darzustellen, lassen sich auch ebensogut viele gleichartige Grafiken auf einer
Seite darstellen, ohne daß ihr Aussagegehalt leidet (CONDENSE). Das was
dargestellt wird sollte auch richtig und überprüft sein (CHECK). Die Art und
Weise wie wir etwas darstellen ist auch sehr wichtig. Nebeneinander stehende
Kreisgrafiken eignen sich nun absolut nicht für Vergleiche wie zB Vorjahr-Ist
oder Plan-Ist. (EXPRESS). Unter SIMPLIFY versteht man die Reduzierung auf das
Wesentliche - der Vermeidung von Redundanzen, überflüssigen Hintergrundfarben,
3D-Effekten, Bildeinblendungen, Logos etc. innerhalb einer Grafik. Alles was
nicht zum Informationsgehalt beiträgt
wirkt nur störend und lenkt den Leser ab. Richtig (und) spannend wird es dann,
wenn unser Bericht, Tabellen und Grafiken eine Struktur haben und in sich
logisch und vollständig aufgebaut sind (STRUCTURE).
Wie wird IBCS umgesetzt?
Der erste große
Schritt bei der Umsetzung von IBCS ist deren Akzeptanz. Es muß innerhalb der
Organisation ein Committment geben, eine Notation auch unternehmensweit und
allgemeingültig einzuführen. In der Praxis sicher kein ganz einfacher Schritt
unzählige Vorstellungen auf einen Nenner zu bringen. Doch die schlichte
Erstellung eines Notationshandbuchs auf Basis der IBCS-Definitionen (www.ibcs.com)
(und evtl unter Bezugnahme eines Notationmanuals von H+F) erleichtern die
Realisierung. Ausserdem gibt es inzwischen eine große Anzahl von
Beratungsunternehmen mit IBCS-zertifizierten Mitarbeiter/innen, die bei der
Einführung helfend mitwirken können. Zudem gibt es vorbereitend unzählige Vorträge
und Seminare zum Thema.
Welche Werkzeuge gibt es?
Ein gewichtiger
Faktor bei der erfolgreichen Umsetzung einer IBCS-Implementierung ist neben der
Methodik und dem Service, die Auswahl der geeigneten Werkzeuge für die spätere
Erstellung und Bereitstellung der Berichte und Präsentationen.
Nachwievor spielt
MS-Excel zusammen mit MS-Powerpoint eine dominante Rolle im Reporting
vorwiegend kleiner und mittlerer Unternehmen. Innerhalb der SAP-Welt gibt es
heute drei IBCS- und SAP-zertifizierte Tools. Das neueste ist die SAP Analytics
Cloud mit einem Set von IBCS-konformen Grafiken und Tabellen.
Das zweite Tool ist graphomate der gleichnamigen Firma Graphomate, die sich als Erste verdient machte, IBCS-konforme Grafiken und Tabellen im SAP Decision Support Modul zu integrieren.
Das zweite Tool ist graphomate der gleichnamigen Firma Graphomate, die sich als Erste verdient machte, IBCS-konforme Grafiken und Tabellen im SAP Decision Support Modul zu integrieren.
Aus der
Excel-Welt kommend ist Chart-me von Hi-Chart schon jahrelang an der
Mitentwicklung der IBCS-Templates von Rolf Hichert eingebunden. Chart-me
gibt es für die Plattformen MS-Office, Web und SAP DS. Chart-me ist ein Tool
das sich besonders durch die umfassende Einbindung und Anwendung der
IBCS-Regeln hervorhebt. Basierend auf dem Fontsize based dimensioning
werden in Chart-me pixelgenaue Grafiken erstellt. Darüberhinaus besticht das
Tool durch einfache Bedienbarkeit, umfassende Datenintegration,
Skriptingfeatures und vor allem die Brillianz seiner grafischen
Darstellungen. Wer also eine ganz klare, herstellerunabhängige IBCS-Strategie
verfolgt, für den dürften die Chart-me-Tools von Hi-Chart eine gute Wahl sein.
Darüberhinaus gibt
es viele Add-ons verschiedenster Anbieter für unternehmensweite Tools wie zB
Qlik, Tableau, Cognos und PowerBI. Insbesondere was Qlik und PowerBI anbelangt
helfen diese Tools, die doch beschränkten Formatierungsfeatures im Hinblick auf
IBCS-konforme Grafiken enorm auszuweiten. In der PowerBI-Welt hat sich
insbesondere ZebraBI mit seinem Add-on in kurzer Zeit einen starken Namen
gemacht.
Wer mit Qlik arbeitet kommt an TrueChart von HighCoordination nicht vorbei. Mittels TrueChart ergeben sich in der Qlik-Welt ungeahnte Möglichkeiten für das IBCS-basierte Reporting. Was bei HighCoordination aber besonders hervorsticht ist deren plattformunabhängiger Ansatz. Mit dem TrueChart-Core und den entsprechenden APIs lassen sich Anwendungen auf Basis einer einheitlichen Entwicklungsumgebung für die unterschiedlichsten Zielsysteme wie Qlik, MS-Excel, PowerBI und zukünftig auch Web-Browser und SAP erzeugen.
Wer mit Qlik arbeitet kommt an TrueChart von HighCoordination nicht vorbei. Mittels TrueChart ergeben sich in der Qlik-Welt ungeahnte Möglichkeiten für das IBCS-basierte Reporting. Was bei HighCoordination aber besonders hervorsticht ist deren plattformunabhängiger Ansatz. Mit dem TrueChart-Core und den entsprechenden APIs lassen sich Anwendungen auf Basis einer einheitlichen Entwicklungsumgebung für die unterschiedlichsten Zielsysteme wie Qlik, MS-Excel, PowerBI und zukünftig auch Web-Browser und SAP erzeugen.
Erfahrungen und Benefits
Zu guter Letzt
bliebe da noch die Frage nach dem Nutzen. Was bringt es denn nun dem
Unternehmen IBCS einzuführen?
Dazu gibt es
verschiedene Antworten. Am Einfachsten ließe sich dies wahrscheinlich zunächst
einmal über die Top 10 Proposals der IBCS ausdrücken:
Grafiken erhalten
eine Message. Dh der Leser wird direkt zu den wichtigen Punkten hingeführt. Mit der Hinzunahme von selbstsprechenden
Titeln funktioniert die Orientierung besser. Wir wissen nun mit welchen
Perioden, Szenarien, Währungen etc wir es zu tun haben.
Es erscheint
banal, aber mit IBCS werden auf einmal für alle in der Firma Strukturdaten auf
der Y-Achse und Zeitreihen, also zeitliche Darstellungen, auf der X-Achse
dargestellt. Ebenso erhalten Tabellen firmenweit ein einheitliches Äusseres.
Auch wird darauf
geachtet werden, daß zukünftig Äpfel nicht mehr mit Birnen vertauscht werden
und zB Produkt- und Vertriebsstrukturen in sich stimmig und erschöpfend
dargestellt werden. Ob wir nun eine Wasserfallgrafik mit Abweichungen oder doch
nur eine Tabelle für die Darstellung der Ergebnisrechnung verwenden, wird nicht
mehr vom „künstlerischen Feeling“ des Autors abhängen, sondern von den
Informationsnotwendigkeiten einer sachgerechten Darstellung der Fakten. Diese
werden zudem, wo nötig über entsprechende Labels und Kommentare unterstützt.
Unterschiedliche
Szenarien werden einheitlich in Bezug auf Farben, Schattierungen und Muster
dargestellt. Abweichungen werden als wichtiges Darstellungselement in Grafiken
und Tabellen aufgenommen. Absolute und relative Abweichungen sind anhand ihrer
Formen sofort und eindeutig unterscheidbar. Auch wird es nicht mehr vorkommen,
daß in unserer Präsentationsfolie die Gewinnsäule höher ist als die Umsatzsäule,
weil wir es mit der Skalierung bislang nicht so ernst nahmen. 1 Mrd Umsatz hat
dann in Zukunft zB 3 cm Säulenhöhe und 100 Mio Gewinn 0,3 cm. Und weil dieser
im Vergleich zum Vorjahr besonders hoch ausfiel wird er dann auch noch entsprechend
mit einer Markierung hervorgehoben.
Diese doch sehr
pragmatische Argumentationsweise faßt Rolf Hichert, den Nutzen der IBCS
betreffend, in etwa so zusammen: „Wenn
wir Regeln für das konzeptionelle und visuelle Design von Berichten und
Präsentationen festlegen, erleichtern wir das Verständnis durch klare Botschaften,
Struktur, signifikante Grafikelemente und eine höhere Informationsdichte pro
Seite. Und wenn wir die Standards, die wir präsentieren, befolgen,
visualisieren wir die Informationen auf eine vollständige, korrekte,
zuverlässige und bewährte Weise und erhöhen so die Glaubwürdigkeit. Die Einführung von Notationsstandards wird die
Transparenz erhöhen, indem sie Verständnis und Glaubwürdigkeit vermittelt. Wir
schaffen eine fundierte Basis, um bessere Entscheidungen treffen zu können.“
Materielle Argumente
Doch es sind
nicht nur Transparenz, Lesen, Verstehen, Genauigkeit und Glaubwürdigkeit in diesem
Bereich von großer Bedeutung. Es gibt auch handfeste materielle Benefits:
Wenn wir es
wirklich schaffen können, daß der Betrachter einer Grafik deren Inhalt und
Aussage in weniger als 5 Sekunden erkennen kann, anstatt sich mit der Zuordnung von Formen und Elementen zu Werten
herumzuplagen, und somit etwa nur 10 Minuten seiner täglichen Arbeitszeit
einspart, so ließen sich bei angenommen 200 Arbeitstagen immerhin 2000 Minuten
oder 4,2 Arbeitstage anderweitig verwenden. Erscheint wenig, aber bezogen auf
100, 200, 1000 oder noch mehr Mitarbeiter/innen in vorwiegend
Managementpositionen? Also doch nicht nur Peanuts…..